Ihr erinnert euch an folgenden Satz?: “So lange die Tierklinik nicht anruft ist alles okay. Es bedeutet das Deniz Zustand stabil ist oder sich verbessert hat.”
Heute 10 Uhr kam der niederschmetternde Anruf der Tierklinik: “Deniz geht es schlechter. Seine Krämpfe haben sich verschlimmert. Er kann nicht mehr stehen und nicht mehr selbst fressen. Deniz braucht eine Magensonde und die Aussichten das er sich wieder erholen würde, waren schlecht. Wenn überhaupt, müssten wir mit Folgeschäden rechen. Wir müssen eine Entscheidung treffen innerhalb der nächsten 20 Minuten, ob wir weiter machen oder Deniz gehen lassen.”
Als Lutz mich, “Die Kartonträgerin” anrief, hörte ich Heike im Hintergrund bitterlich Weinen. Es Zerriss mir so sehr das Herz und auch Lutz bemühte sich nicht in Tränen auszubrechen und mir alles genauestens und so sachlich wie möglich zu Schildern, was der Tierarzt den Beiden gerade übermittelt hatte. Ich durfte noch nicht los lassen, ich brauchte einen kühlen Kopf und wir mussten eine Entscheidung treffen. Es hieß, Deniz hätte einen langen Weg vor sich wenn er es überhaupt übersteht, und die Möglichkeit das es Lähmungen und Schädigungen nach sich zieht, waren so hoch. So wogen wir in einem langen Gespräch miteinander ab und entschieden, Deniz heute zu erlösen. Das wollten wir ihm Alle nicht antun, so sehr wir ihn auch liebten.
Also sammelten wir uns Alle und machten uns auf den Weg in die Tierklinik, um Deniz auf seinem letzten Weg zu begleiten.
Als wir die Klinik betraten mussten wir noch warten bis wir zu Deniz durften. Lange Minuten des Schweigens, es war bereits alles gesagt. Heike und Heidi saßen gefasst im Wartezimmer, während Lutz und ich stetig unsere Runden im Wartezimmer auf und abgingen, als wollten wir Weintrauben zu Most verarbeiten. Wir checkten ab ob wir genügend Taschentücher dabei hatten und wechselten uns nacheinander ab mit einem kleinen Zusammenbruch.
Dann war es so weit: “Familie Noack, bitte in dieses Behandlungszimmer” Vor 3,5 Monaten war ich nur “Die Kartonträgerin” Heute gehörte ich zur Familie Noack. Genau das war es was Heidi und ich inzwischen empfanden. Wir waren alle eine Familie und Familie hält zusammen, auch in den schwersten Stunden.
Wir betraten das Zimmer und erblickten unsern kleinen Denizschku. Sein Blick war schwer und Müde. Er wirkte sichtlich Erschöpft. Mit gespreizten Beinen lag er auf dem Brustkorb auf dem Behandlungstisch, auf einem weißen Fell. Es brach uns das Herz und alle brachen wir erneut in Tränen aus. Es ist die Hölle ein Tier in diesem Zustand zu sehen.
Deniz jedoch schaute auf und seine Rute begann zu wedeln. Er freute sich so sehr “Seine Familie” zu sehen, hätte er gekonnt wäre er aufgesprungen und hätte uns freudig begrüßt. Lutz verlangte Gott sei Dank, nach einem Gespräch mit dem behandelnden Arzt. Wir verbrachten die Wartezeit damit uns ausgiebig von Deniz zu verabschieden. Wir lachten, wir weinten, entschuldigten uns bei Deniz für die ein oder andere Unannehmlichkeit und waren einfach nur für ihn da. Uns viel im Laufe der Zeit auf, umso länger wir bei Deniz waren, umso lebendiger wurde sein Blick, seine Bewegungen, sein Gesamteindruck. Obwohl der Arzt sagte es sei Lebensgefährlich wenn er uns sehen würde, hatten wir das Gefühl das unser aller Anwesenheit Deniz Kraft gab weiter zu kämpfen. Als er Tyson seinen Bruder sah, war so oder so alles vorbei. Deniz Augen begannen zu leuchten und seine Beine bewegten sich. Er wollte aufspringen und mit Tyson spielen. Sein Blick wurde klar und Hell als wolle er Tyson sagen: “Warte, gib mir einen Moment Zeit, ich bin gleich da und dann machen wir die Klinik unsicher.” Das Zerriss uns nur noch mehr das Herz, da wir wussten das Deniz heute über die Regenbogenbrücke gehen musste. Warum?……..Warum ausgerechnet Deniz?……..Warum so?……Er wäre schon einmal fast gestorben und hatte es überlebt. Warum musste es heute so zu Ende gehen????? Warum holte sich der Mann mit der Sichel ausgerechnet unseren Deniz? Das war so ungerecht. Dieser Welpe hatte es verdient zu leben.
Es war so weit, der behandelnde Arzt betrat das Zimmer. Er schien keinen blassen Schimmer davon zu haben welche Entscheidung wir inzwischen nach dem Anruf getroffen hatten. Nüchtern und sachlich klärte er uns über Deniz Zustand auf:
Deniz Zustand hatte sich verschlechtert. Er muss über eine Magensonde ernährt werden da er selbständig nicht mehr fressen konnte. Das Tetanusgift hatte inzwischen all seine Nervenzellen befallen und breitete sich trotz Antitetanusmittel weiter in seinem Körper aus. Aus diesem Grund hatte sich Deniz Zustand verschlechtert. Das ist absolut nicht ungewöhnlich bei Tetanushunden. Es wird in der Regel immer erst einmal schlimmer, bevor es besser wird. Deniz muss mindestens 2 bis 4 Wochen in der Tierklinik intensivmedizinisch Betreut werden. Danach wenn sich seine geschädigten Nervenzellen erholt haben, braucht er Reha, Physiotherapie, Bewegungsmobilisation und viel Zeit und Geduld um laufen und fressen wieder neu zu lernen. Danach ist er wieder ein ganz normaler Hund ohne Einschränkungen. Alle Tetanushunde welche die Klinik verlassen hatten, führen heute nach seiner Kenntnis ein normales Hundeleben.
Stille im Raum…… hatte das der behandelnde Arzt tatsächlich gerade gesagt? Heidi fragte noch einmal nach ob wir es wirklich alle richtig verstanden hätten: “Langer schwieriger Weg, aber am Ende wieder Gesund ohne Schäden?” Die Frage stand natürlich im Raum: “Wie hoch sind die Kosten?” Der Arzt antwortete: “Zwischen 8000 bis 10 000 €”
Ich “Die Kartonträgerin” sprang auf, schlug die Hände an meinen Kopf und lief im Behandlungsraum wieder auf und ab wie ein Moststampfer……. Regenbogenbrücke?…… Ja oder Nein?……Kämpfen?……ja oder nein?……. was wenn er eine Chance hat?………was wenn wir eine Menge investieren und es doch nix wird?……….Betty murmelte in meinem Kopf: “Was kostet ein Hundeleben? Bitte Kämpfen, nicht Aufgeben.” Ich wollte Kämpfen, aber es war hier nicht meine Entscheidung. Schließlich waren Heike und Lutz seine Familie, die für Deniz da sein mussten und die Hauptaufgabe hatten, ihn nach der Klinik aufzupäppeln. Aber ich hatte nur noch einen Gedanken: “Deniz hat eine reale Chance.” Verzweifelt schaute ich zu Heidi und Heike, in der Hoffnung sie würden irgendetwas sagen. Heidi sah mich an und sagte: “Ich weiß was du denkst.”, ich sah Heike an und sie sagte: “Ich weiß auch was du denkst und ich bin dafür.” Heidi sagte: “Ich bin auch dafür.” Ich atmete auf und sagte: “Ich bin auch dafür”
Nun saßen wir drei mit Kulleraugen da und sahen Lutz an. Er war unser Alpha. Er traf die letzte Entscheidung die wir alle respektieren würden. Da er von uns allen immer noch den klarsten Verstand hatte. Er atmete ganz tief ein und sagte: “Okay, natürlich schläfern wir Deniz heute nicht ein.”
Aufatmen bei uns Allen und wieder liefen Tränen.
Nun sprachen wir tacheles mit dem behandelnden Arzt. Es wird ein langwieriger Prozess und wir müssten Geduld haben und stark sein. Da der Gipfel der Erkrankung noch nicht erreicht ist. Es kann passieren das sich Deniz Zustand weiter verschlechtert, bevor es besser wird. Der Arzt instruierte uns, das wir darauf gefasst sein müssen und nicht Aufgeben dürfen. Das ist normal bei Tetanus. Als nächstes selbstverständlich die Frage nach den geschätzten Kosten. Mit Physiotherapie im Anschluss und allem Drum und dran 8000-10000 €. “Okay bekommen wir auch noch irgendwie zusammen.
Die nächste Frage: “Hat Deniz schmerzen oder quält er sich gerade? Sonst machen wir nicht weiter.” Der Arzt sagte uns das Deniz sich weder quälte, noch das er schmerzen hätte durch die Medikamente die er gerade bekommt, sonst hätte er uns davon abgeraten.
Nun die letzte Frage: “Da wir Alle nicht mehr zu 100% in der Lage sind klare Entscheidungen zu treffen, bitte seien Sie ganz Ehrlich. Sagen sie uns knallhart und offen, wann der Punkt erreicht ist Deniz gehen zu lassen. Wir wollen kämpfen, jedoch nicht um jeden Preis.” Der behandelnde Arzt versprach uns mit ruhiger Stimme, das er uns ehrlich sagen würde wenn der Moment gekommen sei Deniz gehen zu lassen. Jedoch so lange das Zwerchfell nicht befallen oder seine Atmung beeinträchtigt ist, können wir unseren Blick nach vorne richten.”
Wir sahen Alle einander an und Lutz sprach die erlösenden Worte: “Okay unter diesen Umständen machen wir Weiter.” Ging zu seinem geliebten Deniz, drückte ihm einen dicken Kuss auf die Stirn und sagte: “Deniz wir kämpfen, aber du musst ein bisschen mitmachen. Ohne dich geht es nicht.” Daraufhin schaute Deniz tief, lange und Intensiv in die Augen seines Hundepapas, drehte sein Gesicht Richtung Wassernapf und begann wieder einen großen Schluck zu trinken.
Nun war alles geklärt. Deniz hatte uns gesehen und Kraft geschöpft, genauso wie wir. Nun brauchte Deniz wieder seine Ruhe, ihr wisst ja “Tetanus und Aufregung”. Wir dämpften wieder das Licht und verbrachten schweigend die Zeit bei unserem geliebten, kleinen Kartonwelpen bis die Schwestern kamen um ihn wieder in die Ruhestation zu bringen.
Der Kampf um Deniz geht weiter, wir geben nicht auf. So lange die kleinste Chance besteht und Deniz kämpft, kämpfen auch wir.
Aktuelle Infos über Deniz Zustand? Hier geht es zu seinem Kliniktagebuch:
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